Waldnaturschutz im Widerstreit der Interessen

Waldnaturschutz im Widerstreit der Interessen

Waldnutzer erachten harte Haltung des Naturschutzes nicht für gerechtfertigt

Das vorgegebene 5-Prozent-Ziel der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung aus dem Jahre 2007 ist erreicht. Davon sind Waldnutzer und Bundeslandwirtschaftsministerium überzeugt, da die Zielvorgabe unter Einbeziehung aller dauerhaft nicht genutzten bzw. nicht nutzbaren Flächen mit 5,6 Prozent bereits deutlich übertroffen ist. Eine nähere Effizienzbetrachtung aus naturschutzfachlicher Praxis bzw. ein Biodiversitätsmonitoring könnte bestehende Zweifel einiger Naturschutzverbände ausräumen. Gegen eine derartige Versachlichung der Diskussion steht allerdings die aktuelle „Naturschutzoffensive“ des Bundesumweltministeriums. Dies waren die Ergebnisse eines Dialogs zwischen Vertretern der Forstwirtschaft und des Naturschutzes jüngst auf einer Diskussionsveranstaltung zur Grünen Woche, die der Deutsche Forstwirtschaftrat (DFWR) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) durchführte.

Nicht nur der Wald selbst, sondern auch die Ansprüche an ihn wachsen. Nach der aktuellen Bundeswaldinventur ist die Waldfläche weiter gestiegen und hat der Holzvorrat zugenommen. Gleichzeitig hat der Anteil älterer Bäume ebenso zugenommen wie der des Totholzes. Dennoch wachsen die Ansprüche an den Wald als Sauerstoffproduzent, Luftreiniger, Trinkwasserlieferant und Heimat für viele Tier- und Pflanzenarten. Der Naturschutz fordert die Herausnahme von Waldflächen aus der forstlichen Nutzung und die Ausweisung großflächiger Wildnisgebiete. Vom Naturschutz bestritten wird, dass das Ziel „5 Prozent natürliche Waldentwicklung“ der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) in Deutschland bereits erreicht ist. Das Thünen-Institut dagegen rechnet auf Basis der aktuellen Ergebnisse der Bundeswaldinventur (BWI III) vor, dass in Deutschland mindestens 5,6 Prozent des Waldes dauerhaft nicht bewirtschaftet werden. Darin eingerechnet sind auch Waldflächen ohne dauerhaft fixierten Rechtsstatus, weswegen der Naturschutz die Anerkennung dieser Flächen verweigert. Das sind vor allem nicht begehbare und damit nutzungsfreie Flächen. Nicht eingerechnet sind dabei die zahlreichen längerfristig nutzungsfreien Kleinflächen bzw. Strukturelemente wie zum Beispiel ausgewiesene Habitatbäume, Biotopbaumgruppen und Totholzstrukturen, die auf ganzer Fläche vorhanden, aber nur schwer erfassbar sind. Pro Prozentpunkt stillgelegter deutscher Waldfläche verliert die heimische Forstwirtschaft nach einer vom Bundesumweltministerium finanzierten Studie durch Nutzungsverzicht etwa 2 Milliarden Euro. „Wenn Forderungen gestellt werden, müssen diese wissenschaftlich untermauert sein. Wer zudem Forderungen nach weiteren Nutzungseinschränkungen aufstellt, muss auch für die finanzielle Kompensation sorgen“, so Georg Schirmbeck, Präsident des DFWR.

Wie viel „Wildnis“ Deutschland braucht und worin das gesellschaftliche Interesse liegt, sind weitere Fragen, die nach Antworten suchen. In diesem Kontext steht auch das öffentliche Interesse, dass die heimischen Wälder auch in Zukunft bedeutendster Lieferant des nachwachenden Rohstoffes Holz bleiben müssen.