Zukunftsweisende Diskussionen beim Deutschen Bauerntag
(DBV) In drei Fachforen diskutierten im Rahmen des Deutschen Bauerntags 2019 Experten, Praktiker und Politiker intensiv über die Zukunft der Deutschen Landwirtschaft.
Im Forum Tierhaltung gab es insgesamt ein Bekenntnis zu mehr Tierwohl. Dennoch wurde intensiv darüber gesprochen, nach welchen Kriterien dieses im Detail ausgestaltet sein könnte. Der Tierethiker Professor Peter Kunzmann machte klar, dass die bisherige Sichtweise, den Tieren solle es „nicht schlecht“ gehen, nicht mehr ausreiche. Heute sei der gesellschaftliche Anspruch, den Tieren solle es „besser“ gehen. Die Fortschritte bei verbesserten Haltungsformen könnten dabei für den Nicht-Landwirt durch tierbezogene Indikatoren verdeutlicht werden. Manche wünschen sogar, es solle ihnen „super gut“ gehen. Dahinter steckt in der Regel das Verständnis des Tieres als Lebenspartner des Menschen. In der Nutztierhaltung sei dies jedoch nicht zu erreichen. Aus ökonomischer Sicht prognostizierte Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen wegen der Tierwohldebatte einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, denn Deutschland beschleunige dadurch die Entwicklung zum „Hochkostenland“. Dies birgt die Gefahr, dass die Tierhaltung ins Ausland verlagert würde. Daher könne aus seiner Sicht eine Haltungsformkennzeichnung verbunden mit einer Herkunftskennzeichnung ein wichtiger Baustein für eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung sein. „Moral steckt im Regal“ so Hortmann-Scholten. Als Fazit der Diskussion wird festgehalten, dass eine sorgfältig durchdachte Nutztierhaltungsstrategie zur Herstellung von Planbarkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen dringend erforderlich sei.
Beim Umweltforum standen die öffentlich viel diskutierten Themen Artenvielfalt, Gewässerschutz und Klimaschutz im Vordergrund. Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Walter Heidl, appellierte bei der Eröffnung des Forums an die Gesellschaft, die Leistungen der Landwirtschaft und das bereits Erreichte auch anzuerkennen: „Wenn die Gesellschaft einem das Zeichen gibt, dass das, was wir Landwirte leisten, nichts wert sei, dann tut das weh.“ Nach zwei Praxisbeispielen zu erfolgreichen Kooperationsprojekten zur Artenvielfalt in der Agrarlandschaft und Wasserkooperationen diskutierten auf dem Podium Vertreter aus Bundes- und Landespolitik, Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis, wie Landwirte die Leistungen für den Umweltschutz über Kooperationen weiter ausbauen können und deren Hemmnisse. Das Fazit des DBV-Umweltbeauftragten Hartelt: „Wir Landwirte übernehmen Verantwortung für Umweltprobleme und sind bereit, unseren Teil zur Lösung beizutragen. Dann muss man uns aber auch machen lassen und nicht durch widersinnige gesetzliche Regelungen einengen und jegliche Motivation nehmen.“
Im Forum „Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit“ sollten Perspektiven zwischen Ökonomie, Technologie und Verbraucherwunsch diskutiert werden. Der Zukunftsforscher Dr. Daniel Dettling stellte die These auf, die „Neo-Ökologie“ werde das „Bio“ ersetzen und sich zu einem breiten Standard in der Stadt und auf dem Land entwickeln. Diese schaffe völlig neue Geschäftsmodelle für die Landwirtschaft. Die Grenzen zwischen Stadt und Land würden zukünftig aus seiner Sicht verschwinden. Professor Oliver Musshoff, Agrarökonom an der Universität Göttingen und Landwirt in Brandenburg, sah in den sich verändernden Rahmenbedingungen auch positive Aspekte. Trotz höherer Risiken, Ertrags- und Marktschwankungen seien die Einkommen der Betriebe bezogen auf die Fläche im langjährigen Mittel stabil geblieben. Dies beruhe jedoch auf Verbesserungen der Effizienz und Weiterentwicklung. Wird diese Möglichkeit mit politischen oder gesetzgeberischen Vorgaben verstellt, sinken die Einkommen zwangsläufig. Die gesellschaftliche Debatte um noch höhere Standards führte Mußhoff auf den gestiegenen Wohlstand zurück und fasste das in einem Satz zusammen, der in der Diskussion immer wieder aufgegriffen wurde. „Wer hungert, hat ein Problem, wer satt ist, hat viele“. Dennoch sieht er für viele Betriebe Chancen, mit neuen Ideen und über höhere Standards Wertschöpfung und Wachstum zu gewährleisten.