Politik, Lebensmittelhandel und Marktpartner sind zur Bewältigung der Krise gefordert
Angesichts der anhaltenden und tiefgehenden Krise auf den Agrarmärkten fordert das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes (DBV) anlässlich des Deutschen Bauerntages 2016 in Hannover einen Aktionsplan für die heimische Landwirtschaft, der von Marktpartnern und Lebensmitteleinzelhandel umgesetzt und vom Staat mit kurz- und mittelfristig wirksamen Unterstützungsmaßnahmen flankiert werden muss. „Politik, Gesellschaft und Marktpartner sind gefordert, einen Beitrag zum Erhalt einer bäuerlich geprägten Landwirtschaft zu leisten und Strukturbrüche zu verhindern“, heißt es wörtlich in der einstimmig verabschiedeten Erklärung.
Die deutsche Landwirtschaft und insbesondere die Milcherzeugung und die Veredelung stehen seit mehr als einem Jahr unter einem dramatischen wirtschaftlichen Druck. „Für die deutschen Bauern hat diese Situation existenzbedrohende Folgen“, unterstreicht das DBV-Präsidium, das die Ursachen im Wesentlichen in den internationalen politischen und wirtschaftlichen Krisen sieht, die besonders auf die Landwirtschaft durchschlagen. Die daraus entstehenden wirtschaftlichen Lasten könnten nicht alleine von den Landwirten geschultert werden. Der Aktionsplan umfasst Vorschläge und Forderungen an die Politik, den Lebensmittelhandel und speziell für den Milchmarkt an Milchwirtschaft und Molkereien. Ein Positionspapier zur Neugestaltung der Lieferbeziehungen zwischen Milchbauern und Molkereien ergänzt den Aktionsplan.
Das DBV-Präsidium hält an seinen Forderungen an EU-Kommission, Bundes- und Landesregierungen nach kurzfristig wirksamen Unterstützungsmaßnahmen für die deutsche Landwirtschaft fest, die dem Ausmaß der Krise angemessen sind. „Die hierfür angekündigten 100 Millionen Euro sind dafür bei Weitem nicht ausreichend“, heißt es in der Erklärung. Gefordert werden Maßnahmen, die möglichst schnell umzusetzen sind. Das betrifft den Bundeszuschuss zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung, steuerliche Freibeträge zur Tilgung von Liquiditätshilfen, Entlastung bei der Agrardieselbesteuerung und die Ausweitung der steuerlichen Risikovorsorgemöglichkeiten, aber auch Liquiditätshilfe- und Bürgschaftsprogramme.
Alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Erschließung neuer Absatz- und Exportmärkte seien in der jetzigen Krise zu nutzen. Kritisch bewertet das DBV-Präsidium die Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels. Der missbräuchlichen Ausnutzung durch den Lebensmitteleinzelhandel müssten wirksame kartell- und wettbewerbsrechtliche Grenzen gesetzt werden. Im Rahmen der Fusionskontrolle seien weitere Übernahmen durch die vier größten Konzerne des Lebensmitteleinzelhandels zu untersagen.
Speziell zum Milchmarkt fordert das DBV-Präsidium von Lebensmitteleinzelhandel und Molkereien „sofortige Nachverhandlungen, um zu einer Erholung der Preise beizutragen“. Die Strukturen des Milchsektors hätten trotz der Erfahrungen aus der Milchpreiskrise 2008/09 immer noch Schwächen, die gemeinsam aufgearbeitet werden müssten. Der internationale Vergleich zeige, dass im deutschen Molkereisektor noch große Wertschöpfungspotenziale ungenutzt blieben. Dies gelte vor allem in Bezug auf Markenbasis, Wertschöpfung in heimischen Märkten und in Drittländern sowie bei der Bündelung des Angebotes. Nach Überzeugung des DBV-Präsidiums beständen zahlreiche Möglichkeiten für eine stärkere Zusammenarbeit im genossenschaftlichen Molkereisektor, die es zu nutzen gelte. Mit Nachdruck fordert das DBV-Präsidium marktorientierte Vereinbarungen bei der Ausgestaltung der Lieferbeziehungen zwischen Landwirten und ihren Molkereien. Eine auf Absatzmärkte und Wertschöpfung ausgerichtete Abstimmung von Anlieferungsmengen und Erzeugerpreisen sei dringend angezeigt.
Pressemeldungen | 28.06.2016