9. Berliner Forum lotet rechtliches Spannungsfeld zum Stallbau aus
(DBV, DGAR, ERS) „Der Gesetzgeber muss bestehende und zukünftig zu erwartende Zielkonflikte zwischen Tier- und Klimaschutz sowie dem Baurecht aktiv angehen und lösen. Ein modernes Baurecht muss auch die Errichtung modernen, tierschutzgerechter und innovativer Stallungen ermöglichen“, resümierte Rechtsanwalt John Booth, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht auf dem heutigen 9. Berliner Forum (17.10.2017). Jährlich laden der Deutsche Bauernverband (DBV), die Deutsche Gesellschaft für Agrarrecht und die Edmund Rehwinkel-Stiftung zu diesem rechtspolitischen Gedankenaustausch über aktuelle Themen der Land- und Ernährungswirtschaft ein. Bei der diesjährigen Tagung diskutierten die mehr als 100 Teilnehmer und juristischen Experten das rechtliche Spannungsfeld zum Stallbau. Immer strengere Vorschriften insbesondere aus dem Umweltbereich lassen den Landwirten keinen Spielraum für eine entsprechende Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Tierwohl.
Eingangs verwies Dr. Christian Bock, Bereichsleiter Fördergesellschaft der Landwirtschaftlichen Rentenbank, auf die ökonomische Dimensionen der rechtlichen Rahmenbedingungen und Regulierungen. In der international vernetzten Agrarwirtschaft seien sie der Wirtschaftsfaktor für Investitionen der Branchen. „Ställe werden langfristig genutzt und langfristig finanziert. Planungssicherheit ist deshalb unverzichtbar.“ Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolk Niedersachsens, appellierte: „Wir müssen den Landwirten die Möglichkeiten geben, ihre Stallungen an zukünftige Anforderungen der Tierhaltung sowie an die Ansprüche eines modernen Arbeitsumfeldes anzupassen. Erfolgt dies nicht, konservieren wir den bestehenden Standard und nehmen den potentiellen Hofnachfolgern die Perspektive, einen Betrieb mit Tierhaltung weiterzuführen.“ DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken betonte, die hohe Bereitschaft der Bauernfamilien für Veränderungen und Weiterentwicklungen. Dazu benötigten diese aber auch den notwendigen Freiraum für einen innovativen und zukunftsorientierten Stallbau. Eine optimale Verzahnung der betroffenen Rechtsgebiete sei dafür unerlässlich.
Friedrich Kethorn, Landrat der Grafschaft Bentheim, verdeutlichte anschaulich, dass das bestehende Bauplanungsrecht den Behörden vor Ort ausreichend Spielraum für eine Steuerung des Stallbaugeschehens einräume. Wichtig für die Akzeptanz dieser Konzepte sei eine öffentliche Vorstellung und Diskussion der Planungsabsichten vor Ort. Rechtsanwalt Dr. Helmar Hentschke stellte die Fülle der betroffenen und sich häufig widersprechenden Rechtsvorschriften vor, die zu einer unüberwindbaren Hürde für den Stallbau zu werden drohen. Professor Dr. Otto Depenheuer von der Universität Köln näherte sich dem Thema des Stallbaus über das Verfassungsrecht. Er befand, dass die öffentlichen Ansprüche zur Tierhaltung oft ideologisiert und wirklichkeitsfremd seien. „Wir können uns nicht aus der Vergangenheit den Maßstab für morgen holen“, betonte Depenheuer.