Erklärung des Deutschen Bauernverbandes: Pflanzenschutzzulassung wissenschaftlich begründen

Berlin, 05.04.2016

Durch den gezielten und verantwortungsbewussten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
werden die Qualität von Lebensmitteln gesichert und Ernteverluste vermieden. Strenge
gesetzliche Regelungen für die Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stellen sicher, dass negative Auswirkungen für die Umwelt sowie die Anwender- und Lebensmittelsicherheit vermieden werden. Mit Sorge stellt der Deutsche Bauernverband fest, dass in der öffentlichen Diskussion vom Grundsatz der wissenschaftlichen Risikobewertung zunehmend abgewichen, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Grundsatz in Frage gestellt und gleichzeitig der Nutzen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln verkannt werden. Die Landwirte in Deutschland unterstützen strenge Maßstäbe für Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutz-mitteln, erwarten aber, dass diese wissenschaftlich fundiert und nicht von
Ängsten gesteuert festgelegt werden. Politik und Medien haben eine große Verantwortung, eine sachliche Diskussion über Zulassung und Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sowie deren Nutzen und Alternativen zu führen und nicht zur Verunsicherung der Verbraucher beizutragen.

Vor diesem Hintergrund fordert der Deutsche Bauernverband:

1. Zulassung nach wissenschaftlichen Maßstäben
Die Kriterien für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und deren Wirkstoffe sind
umfänglich in der EU–Pflanzenschutz-Zulassungsverordnung geregelt; Deutschland hat
diese Standards maßgeblich mit gestaltet. Die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln nach diesen Kriterien stellt sicher, dass keine unvertretbaren Auswirkungen für Umwelt, Anwender und Verbraucher zu befürchten sind. Vor dem Hintergrund dieser strengen Maßstäbe und dem weltweit vorbildlichen Zulassungsverfahren ist es nicht hinnehmbar, die Neutralität der an der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beteiligten Bewertungsbehörden in Zweifel zu ziehen und eine Abkehr von einem risikoorientierten Bewertungsansatz bei der Pflanzenschutzzulassung zu fordern.

Der Deutsche Bauernverband fordert, dass die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auch in Zukunft wissenschaftlichen Standards genügen muss und so den größtmöglichen Schutz für Mensch, Tier und Umwelt sichert. Demgegenüber wäre es unverantwortlich, wenn die Zulassung von Stoffen nach
„gefühlten“ Risiken oder politisch motiviert erfolgen würde.

2. Pflanzenschutzmittelzulassung nicht für agrarpolitische Ziele instrumentalisieren
Über das zweistufige Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werden strenge Maßstäbe an Wirkstoffe und ihre Anwendung gestellt. Zu letzterem zählen Anwendungsvorschriften für Pflanzenschutzmittel in Form von Abstandsauflagen zum Schutz von Gewässern oder Nicht-Zielbiotopen. Hiermit wird sichergestellt, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln keine direkten Auswirkungen auf Gewässer, Biotope, Nachbarflächen, Anwender und Verbraucher hat. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln darf nicht mit agrar- oder umweltpolitischen Zielsetzungen vermischt werden. Es kann nicht Aufgabe der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sein, ökologische Vorrangflächen zu schaffen. Nicht nachvollziehbar sind daher Forderungen des Umweltbundesamtes, mit der Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmitteln die Auflage zu verbinden, im Betrieb an anderer Stelle
Kompensationsflächen unbehandelt zu lassen. Der Deutsche Bauernverband stellt fest, dass die Forderung des UBA jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrt und das Mandat im Rahmen des Zulassungsverfahrens überschreitet.

Unabhängig davon ist es aus Sicht des Deutsche Bauernverbandes sinnvoll, das Greening für die Anlage von Puffer- und Randstreifen zu nutzen. Damit dies gelingt, sind Bundesregierung, Bundesländer und die EU-Kommission gefordert, die vorhandenen Hemmnisse für die Anlage von Puffer- und Randstreifen auszuräumen.

3. Harmonisierung der Pflanzenschutzzulassung endlich umsetzen
Sieben Jahren nach Inkrafttreten der EU-Pflanzenschutzzulassungsverordnung 1107/2009 sind weder die Kriterien für die Zulassung europaweit festgelegt noch die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln harmonisiert. Auch der Harmonisierungs-bericht der Bundesregierung (Drucksache 18/1591) beschreibt die uneinheitliche Bewertung zwischen den Mitgliedsstaaten. Der Deutsche Bauernverband fordert die Bundesregierung auf, den Zielen der europäischen EU-Pflanzenschutz-Zulassungsverordnung Rechnung zu tragen und auf allen Ebenen die Anstrengungen zur Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln innerhalb Europas zu intensivieren. Angesichts hoher europäischer Standards für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist kein Platz mehr für nationale Sonderwege. Entscheidungen und Bewertungen von Zulassungsbehörden anderer europäischer Mitgliedsstaaten, die stellvertretend für eine gesamte Zone Europas die Prüfung und Zulassung eines Pflanzenschutzmittels vorgenommen haben, müssen Anerkennung finden. Wenn die Harmonisierung nicht zu der von der EU-Kommission angestrebten Verbesserung der Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln führt, werden Anbau und Qualität einiger Kulturen in Deutschland zunehmend gefährdet und die Abhängigkeit von Importen beispielsweise bei Obst und Gemüse weiter gesteigert.

4. Integrierter Pflanzenschutz beinhaltet Beschränkung auf das notwendige Maß
Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach den Maßstäben des Integrierten
Pflanzenschutzes ist gesetzlich vorgeschrieben. Bestandteil ist die Beschränkung des
Einsatzes von Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß. Auch der Nationale
Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln fordert eine Senkung der Anwendungen von Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß. Die Landwirtschaft steht zu dem Prinzip der Risikominimierung beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für Anwender, Umwelt und Verbraucher. Der Berufsstand lehnt aber Forderungen nach einer pauschalen Mengenreduzierung oder einer Abkehr vom Begriff des „notwendigen Maßes“ beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ab. Zum einen könnten die Qualität und die Menge landwirtschaftlicher Erzeugnisse nicht mehr gesichert werden. Zum anderen würde eine pauschale Mengenreduzierung die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln in Frage stellen und Resistenzen hervorrufen.