Foren beim Deutschen Bauerntag: Anforderungen für zukunftsfähige Landwirtschaft
„Die so genannte gesellschaftliche Debatte über die zukünftige Ausrichtung der Landwirtschaft darf nicht über die Köpfe der Landwirte hinweg geführt werden. Gute fachliche Praxis muss das Maß der Dinge sein, genauso wie eine faktenbasierte, fach- und sachgerechte Auseinandersetzung mit den Themen der Landwirtschaft.“ Damit fasste der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, das gemeinsame Ergebnis der vier Fachforen zusammen, die beim Deutschen Bauerntag 2016 in Hannover durchgeführt wurden. Themen der Foren waren der Milchmarkt, die Weiterentwicklung der Nutztierhaltung, die Perspektiven für Umwelt- und Naturschutz sowie die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik.
Milchmarkt: Ungenutzte Potenziale heben – kurzfristig Liquidität sichern
Die derzeitige Krise im Milchmarkt zeige auf, dass im deutschen Milchsektor noch ungenutzte Wertschöpfungspotenziale liegen. Diese gelte es zu heben, wie DBV-Generalsekretär Krüsken das DBV-Milchforum „Milchmarkt in der Krise – Was kann der Sektor tun?“ zusammenfasst. Zudem müssten modernere und marktgerechte Abstimmungen zwischen Landwirten und ihren Molkereien zu Anlieferungsmengen und Erzeugerpreisen erfolgen. Vor allem müssen die deutschen Molkereien klare strategische Unternehmensziele im Sinne ihrer Milchbauern verfolgen. Die Strukturen des deutschen Milchsektors seien insbesondere mit Blick auf die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels anzupassen, über Angebotsbündelung, hilfsweise über Verkaufskontore, aber mit klarer Perspektive auf Gemeinschaftsunternehmen und Fusionen. Branchenorganisationen seien Teil der Lösung, aber nicht zur zentralen Mengensteuerung, sondern zur Unterstützung von Innovation, Forschung und Absatzförderung. Klares Fazit aller Beteiligten: Niemand will zurück zur staatlichen oder zentralen Steuerung von Milchmengen.
Nutztierhaltung: Weiterentwicklungen müssen wirtschaftliche Perspektive bieten
Gesellschaftliche Werteveränderungen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse machen die Weiterentwicklung der Nutztierhaltung notwendig. So lautet das Fazit aus dem DBV-Veredlungsforum „Nutztierhaltung 2030“. Die Landwirtschaft sei dazu bereit, wie Krüsken bestätigte. Allerdings seien dafür Maßnahmen und Lösungen unverzichtbar, die wirtschaftlich tragfähig seien, den Betrieben eine nachhaltige wirtschaftliche Perspektive bieten, nicht am Markt und an der Verbrauchernachfrage vorbeigehen und von den Marktpartnern und Verbrauchern zugleich mitgetragen würden. Zudem müssen sie laut DBV-Generalsekretär praktikabel und in den Betrieben umsetzbar sein. Vor allem die notwendige Planungssicherheit für Investitionen betonten die Forumsteilnehmer als essentielle Voraussetzung. Generell gelte, so ein Forumsergebnis, Vorrang für wirtschaftsgetragene und marktgerechte Modelle wie die Initiative Tierwohl statt Ordnungsrecht. Freiwillige Tierschutzlabel können dies nach Aussage von Krüsken ergänzen.
Umwelt- und Naturschutz: Landwirtschaft nicht der Umweltpolitik unterordnen
Damit der Umweltschutz nicht zum Treiber des Strukturwandels werde, sollten innovative und umweltfreundliche Techniken unter anderem bei Gülleausbringung, Pflanzenschutz und Stallbauten nicht über Ordnungsrecht vorgeschrieben, sondern verstärkt gefördert werden. So lauten die Schlussfolgerungen der Delegierten des Deutschen Bauerntages beim Forum „Ordnungsrecht, Kontrolle und Sanktionen – Perspektiven für Umwelt- und Naturschutz in der Landwirtschaft?“ Ökologie sei eine wichtige, aber nur eine Säule der Nachhaltigkeit, gab Krüsken zu bedenken und forderte für jede Maßnahme im Klima-, Gewässer- und Naturschutz eine umfassende wirtschaftliche Folgenabschätzung. Zudem mahnte der DBV-Generalsekretär bei der Umweltpolitik und der Bewertung von Umweltwirkungen eine Rückkehr zu wissenschaftlich-fachlichen statt subjektiven oder ideologischen Grundsätzen an. Auch hier gelte es, Kooperationen, Vertragsnaturschutz und anderen freiwilligen Maßnahmen den Vorrang vor dem Ordnungsrecht zu lassen. Unverzichtbar sei überdies ein finanzieller Anreiz für Umweltprogramme statt ein reiner Aufwandsersatz. Der Umwelt- und Naturschutz dürfe eine kosten- und ressourceneffiziente Landwirtschaft nicht in Frage stellen. Und: Flächendeckende Extensivierung ist keine Antwort auf die globalen Herausforderungen der Landwirtschaft.
Gemeinsame Agrarpolitik: Auch zukünftig unverzichtbar!
Aus der Diskussion des Forums „Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)“ bilanzierten die Teilnehmer, dass es für die GAP bis 2020 auf Stabilität, Verlässlichkeit und Vereinfachung ankomme, während für die GAP nach 2020 gelte: „Neue Herausforderungen angehen und flächendeckende Landwirtschaft sichern!“ Einig waren sich die Forumsteilnehmer laut DBV-Generalsekretär Krüsken darin, dass die GAP auch künftig hohe gesetzliche EU-Standards gegenüber dem Weltmarkt ausgleichen und freiwillige Zusatzleistungen honorieren müsse. Sie müsse neue Herausforderungen zum Beispiel durch den Klimawandel aufgreifen. Vor allem gelte es, 1. und 2. Säule praktikabel zu kombinieren und sicherzustellen, dass die Mittel auch beim aktiven Landwirt ankommen. Es gehe aber auch darum, in Sachen Bürokratie abzurüsten und Kontrollen, Sanktionen und Cross Compliance verhältnismäßig und praktikabel zu gestalten. Mit Blick auf Märkte, Volatilitäten und Risikomanagement müsse die GAP die Basis dafür erhalten, dass die Landwirte wettbewerbsfähig sind und robust gegen Risiken und Krisen aufgestellt sind. Das einmütige Fazit lautete: „Starke GAP nach 2020 muss Brücken bauen zwischen Marktorientierung und gesellschaftlichen Ansprüchen!“
Pressemeldungen | 29.06.2016