Situation
- Die deutsche
Landwirtschaft erzeugt heute hochwertige und sichere Nahrungsmittel. Die
Landwirte stellen sich dem Markt und der Verbrauchernachfrage. Sie
sehen sich zunehmend zerrieben durch den Kostendruck seitens der
Lebensmittelkette, durch staatliche Auflagen und durch schrumpfenden
Außenschutz der Agrarmärkte. Die Widersprüche dieser verschiedenen
Anforderungen wachsen zusehends. Viele Landwirte stoßen an die
Belastungsgrenzen – wirtschaftlich, ökologisch und auch emotional.
- Von
der deutschen Landwirtschaft wird zusätzlich erwartet, im großen Umfang
weitere Leistungen beim Klimaschutz, bei der Pflege der
Kulturlandschaft, beim Ressourcenschutz, für die Artenvielfalt und für
das Tierwohl zu erbringen. Die Landwirte erbringen bereits auf 30
Prozent der Flächen Agrarumweltmaßnahmen. Mit der Bioenergie werden
ebenso viele Klimagase vermieden wie bei der Lebensmittelerzeugung
ausgestoßen werden. Diese Leistungen sind nicht marktfähig. Sie müssen
daher dauerhaft von Staat und Gesellschaft anerkannt und honoriert
werden.
- Viele Bürger und
Verbraucher halten die vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft
dennoch für unzureichend und erwarten „Mehr“. Preisgünstige Lebensmittel
werden dabei als selbstverständlich vorausgesetzt. In Verbindung mit
dem Oligopol der Handelsketten und deren Billigpreisstrategie führt dies
zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit mit heimischen und
nachhaltigen Nahrungsmitteln.
- Die
Handelspolitik der EU führt dazu, dass höhere nationale und europäische
Umwelt-, Sozial- und Tierwohl-Standards durch Lebensmittelimporte
unterlaufen werden.
- Die deutsche Landwirtschaft will das ausgesprochen hohe Erwartungsniveau seitens Markt, Politik und Gesellschaft einlösen. Dies ist unter den derzeitigen Rahmenbedingungen aber nicht in befriedigender Weise möglich. Weder die Lebensmittelkette noch die staatlichen Fördersysteme honorieren die gewünschten gesellschaftlichen Leistungen in genügender Weise. Die Handelspolitik sichert hohe Standards unzureichend ab. Damit besteht die Gefahr des Verlustes großer Teile der heimischen Lebensmittelerzeugung. Es droht eine Verödung der ländlichen Wirtschaft und der über Generationen von Landwirten geschaffenen Kulturlandschaften.
Vorschlag für eine neue Partnerschaft
Die Landwirtschaft ist bereit und in der Lage, weitere Nachhaltigkeitsleistungen zu erbringen und dies mit qualitativ hochwertiger Nahrungsmittelerzeugung zu verbinden.
Dazu ist Folgendes notwendig:
I.
EIN GESELLSCHAFTLICHER KONSENS, DASS EINE STARKE HEIMISCHE
LANDWIRTSCHAFT, ERNÄHRUNGSSICHERUNG UND NACHHALTIGKEIT ZUSAMMENGEHÖREN.
Vorgeschlagen wird, das Grundgesetz in Art. 20a (Schutz der natürlichen
Lebensgrundlagen und der Tiere) um die Ziele Ernährungssicherung und
Klimaschutz zu ergänzen.
Formulierungsvorschlag: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen, die Grundlagen der menschlichen Ernährung, die Tiere und das Klima
im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und
nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die
Rechtsprechung.“
II. EINE DEUTLICH ERWEITERTE UND FÜR LANDWIRTE VERLÄSSLICHE HONORIERUNG VON NACHHALTIGKEITSLEISTUNGEN AUS NATIONALEN MITTELN.
Vorgeschlagen wird eine grundlegende Erweiterung der
Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz um neue
Förderbereiche Ressourcenpflege und Ernährungssicherung. Die
Gemeinschaftsaufgabe ist dazu finanziell erheblich aufzustocken.
III.
EINE WEITERE STÄRKUNG DER LANDWIRTE IN DER LEBENSMITTELKETTE UND DIE
BEZAHLUNG HÖHERER NACHHALTIGKEITSSTANDARDS FÜR LEBENSMITTEL AUS
DEUTSCHLAND.
Vorgeschlagen wird ein rechtlicher Rahmen für
eine verbindliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung von nachhaltig
erzeugten Produkten aus Deutschland. Handel und Verarbeiter sind
aufgefordert, für diese Produkte einen Bonus zu etablieren, der
vollständig bei den Landwirten ankommt. Ergänzend ist das Kartellrecht
stärker auf den Schutz von landwirtschaftlichen Erzeugern und ihrer
Zusammenschlüsse auszurichten.
IV.
EINE BELASTBARE ZUSICHERUNG AN DIE LANDWIRTE UND FLÄCHENEIGENTÜMER,
DASS DIE KOOPERATION IM NATUR- UND LANDSCHAFTSSCHUTZ VORFAHRT HAT UND
GRUNDEIGENTUM RESPEKTIERT WIRD.
Vorgeschlagen wird eine
gesetzliche Festlegung, dass zusätzliche flächenbezogene Anforderungen
an mehr Biodiversität in der land- und forstwirtschaftlichen
Bewirtschaftung prioritär freiwillig umgesetzt und dauerhaft honoriert
werden.
Der Deutsche
Bauernverband ist überzeugt: Mit diesen Vorschlägen können Landwirte,
Bürger und Verbraucher neues Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit der
Landwirtschaft und sicherer Lebensmittelerzeugung in Deutschland
gewinnen. Die deutsche Landwirtschaft kann führend in punkto
Nachhaltigkeit, Tierwohl und Klimaschutz werden.
Dieser Vorschlag
für einen neuen Weg ist zugleich eine Einladung an Gesellschaft, Politik
und Verbraucher zu einer offenen Diskussion über die Zukunft von
Landwirtschaft und Ernährung „Made in Germany“.
Fotos: pixabay: Philippe Ramakers, silviarita, RitaE, Gerhard Gellinger
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